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Was sind Hallräume ?

In früheren Tagen, als es noch keine Klangprozessoren gab, bediente man sich oft eines Delays, um der Musik Echos und Reflexionen hinzuzufügen. Je nach deren Lautstärke aber des Zeitpunktes des Eintreffens eines Echos, haben diese ganz unterschiedliche akustische Wirkungen. Liegt ein Signal z.B. nur auf einem Lautsprecher vor und dazu eine identische, sehr kurze Reflexion im Bereich <2ms auf dem anderen, so erscheint das Signal praktisch nur auf dem ersten und wirkt noch recht trocken und flach. In diesem Fall kommt es zu einem Stereoabbildungseffekt:  Das Ohr hört das Signal aus einem Lautsprecher minimal früher, erachtet es EIN Signal und ortet es extrem seitlich. In der Ferne zu diesen beiden Lautsprechern, wird solch ein Schallgemisch dann zunehmend als ein zentrales Signal gehört- allerdings infolge des sich ausbildenden Kammfilters mit einem "flange"-Effekt. Betrachtet man nun vollständige Stereosignale auf 2 Lautsprechern, so kann man durch längere Delays einen Raumeffekt erzielen. Echos mit etwas herabgesetzter Lautstärke im Bereich von 10ms-50ms lassen das Hauptsignal so erklingen, als würde es in einem Raum abgespielt. Das Ohr hört neben dem echten Signale gewissermaßen noch ein Wand!   Delayzeiten von 100ms und größer wirken je nach Lautstärke hingegen als echte Echos.

Künstliche Hallprozessoren in Studiogeräten und Computersoftware arbeiten mit solchen Prinzipien, um einem "trockenen" Signal, aus einem Sampler oder einem nahen Mikrofon etwas Räumlichkeit hinzu zufügen, wobei ein echter Nachhall durch mehrfaches Addieren solcher Reflexionen erfolgt, die weiter auch noch in ihrem Frequenzgang bearbeitet werden um die Wirkung echter Wände und deren Absorbtions-/Reflexionsverhalten zu simulieren. Wir verwenden hier u.a einen selbst programmierten Hallprozessor. Durch den Austausch des Hallalgorithmus selbst, kann im Gegensatz zu käuflich erworbenen Geräten erstmals Rücksicht auf die Art des aufgenommenen Materials genommen werden. So werden Monosignale, Stereosignale in Panning bzw- Lautzeittechnik und auch Hallsignale unterschieden und verschieden prozessiert.

Einige Geräte sind in weiter der Lage, besondere, durch Messungen gewonnene Signale (sog. Impulsantworten) dazu heranzuziehen, um konkrete, reale Räume wie eine bestimmte Kirche oder ein Stadion zu simulieren. Sie rechnen dazu die Reflexionen in das Ursignal hinein, die auch am realen ort des Geschehens aufgetreten wären. Ein Beispiel, wie man so ein Monosignal in ein räumliches Signal verwandeln kann, gibt es auf unserer Seite Mono zu Stereo.

Generell muss jedoch festgestellt werden, dass künstlicher Hall dem realen Hall unterlegen ist. Der Grund dafür ist simpel: Hallprozessoren "sehen" nur einen 2-kanaligen Datenstrom, in den die Verteilung der Instrumente sozusagen als Stereoabbild eingebacken ist. Die Lage der Klangquellen wird psychoakustisch erzeugt und ist real nicht bekannt. Daher kann ein Klangprozessor streng genommen nur für 2 Klangquellen korrekte Positionen berechnen, während reale Klangquellen jeweils ein eigenes Reflexionsmuster erzeugen.

Ohne einen aufwändigen Klangprozessor hatte man früher nur die Möglichkeit, mit realen Hallräumen zu arbeiten. Besonders geeignet sind z.B. stark verkachelte Räume, die Badezimmern ähneln. Man speist mit einem oder mehreren Lautsprechern die aufgenommenen Signale in den Hallraum ein und nimmt sie mit Mikrofonen wieder auf. Die so erhaltenen Zusatzsignale werden klanglich bearbeitet und zeitverzögert zugemischt. Es wirkt dabei besonders realistisch, wenn man nicht nur 2 sondern 4 oder 6 Lautsprecher benutzt- gewissermaßen für jede Originalklangquelle einen. Dazu benötigt man selbstredend eine Mehrspuraufnahme der Musiker. Diese Anordnung ist nach eigener Erfahrung eine typischen 2-Kanal-Verhallung mit modernen Systemen überlegen:

Ein entscheidender Vorteil des natürlichen Halles bei Liveaufnahmen ist ja, dass die eingefangenen Reflexionen der Instrumente ortsabhängig aufgenommen werden. Jeder Musiker erzeugt in demselben Raum ein anderen Reflexionsmuster, je nach Abstand zu den wänden und Winkelstellung seiner selbst im Raum. Es bedeutet daher auch bei der Verhallung in einem realen Hallraum einen wesentlichen Unterschied, ob man die Musiker als verschiedene Klangquellen im Raum agieren lässt, oder ob man nur zwei Quellen aus Stereolautsprechern benutzt, was im Wesentlichen einer 2-kanaligen Hallbildung gleich kommt, und daher nicht besser sein kann, als einen Hallprozessor auf eine Stereosumme anzuwenden. Einen viel plastischeren Effekt erhält man, wenn man mit mehreren Lautsprechern arbeitet und den quasi-Direktklang an unterschiedlichen Stellen des Raumes aus unterschiedlichen Richtungen injiziert.

Als günstig hat es sich erweisen, die Lautsprecher direkt an den Wänden zu betreiben- z.B. Links. Rechts und von Vorne. Dazu kann man noch 2 Lautsprecher in die vorderen Raumecken stellen. Jeder Lautsprecher wird mit einer eigenen Mischung beschickt- im einfachsten Falle mit einem Musiker / einer Spur.  Die Aufnahme erfolg an der Rückwand mit einem Stereosystem - gfs sogar mit Trennkörpertechnik

J.S. März 2001
Stand Nov 2004

© Studio 96