Technische Artikel
Die Bedeutung  der Mikrofonqualität bei Tonaufnahmen

Mikrofone sind das eigentliche Herzstück des gesamten Tonaufnahmesystems. Was zunächst etwas banal klingt, lohnt durchaus einer näheren Betrachtung. Im Folgenden soll einmal verdeutlicht werden, wodurch sich gute Mikrofone auszeichnen und auf welche Qualitätsmerkmale es im Einzelnen ankommt. Mikrofone haben in der Tat den allergrößten Einfluss auf das klangliche Ergebnis und sind, was den Erhalt der Authentizität von Klängen angeht, aus technischer Sicht das schwächste Glied in der Kette des gesamten Übertragungssystems. Der Grund dafür ist simpel: Mikrofone müssen minimale Luftdruckschwankungen in elektrische Spannungsänderungen umsetzen, was einen hohen Grad mechanischer Präzision erfordert, der sich produktionstechnisch bei Weitem nicht so einfach erreichen lässt, wie bei Geräten mit rein elektronischen Komponenten.  So ist es z.B. vergleichsweise einfach, einen ordentlichen Analogdigitalwandler zu bauen und dessen Frequenzgang und Linearität z.B. durch Software noch zu korrigieren oder auch einen halbwegs rauscharmen, elektronischen Verstärker zu konstruieren. Diese Komponenten werden nämlich in ähnlicher Form in vielen Industriebereichen benötigt, sind technologisch sehr weit entwickelt und stehen z.T. sogar als fertige Chips in großen Stückzahlen zur Verfügung. Der Bau eines Mikrofons jedoch erfordert neben Spezialwissen auf dem Gebiet der Elektronik vor allem viel KnowHow im Bezug auf Akustik und Feinmechanik. Auch bedarf es und einer gut funktionierenden Qualitätskontrolle bei der Produktion.

Ein Vergleich der technischen Werte von Mikrofonen, Vorverstärkern und AD-Wandlern zeigt somit auch, dass selbst hochwertige, in den beiden wichtigsten Parametern Linearität und Rauschabstand (also Verzerrungsfreiheit und Einmischen von zusätzlichen Störsignalen) Gütewerte aufweisen, die bei Verstärkern und Wandlern bereits von Mittelklassesystemen bequem übertroffen werden. So liefert ein heutiger AD-Wandlerchip für nur €2,- eine Linearität im Bereich von über 100dB und einen Rauschabstand von immerhin 95dB und die besten, derzeit verfügbaren Wandlerchips sind in beiden Werten nochmals deutlich verbessert, kosten jedoch auch noch unter €20,- per Stück. Eine ähnliche Betrachtung gilt für Verstärkerchips und auch diskret aufgebaute Verstärkerschaltungen. Gute Mikrofone hingegen weisen beim Nennschallpegel Rauschabstände von 80 dB(A) auf und erzeugen bei höheren Lautstärken wiederum messbare Verzerrungen (als Klirrfaktor ausgedrückt), die um Faktoren höher liegen. Konkret wird hier ein typischer Grenzwert von 0,5% angenommen, den gute Mikrofonen bei Schalldruckpegeln von 130-140dB (SPL) ereichen.

Geht man nun zur Betrachtung preiswerter Systeme über, so klafft eine immer größer werdende Lücke, zwischen der Qualität von Mikrofonen und dem restlichen Equipment: Während die technischen Werte preiswerter Homerecordingsysteme und gehobenerer Soundkarten in etwa knapp an die CD-Qualität (gelb) heranreichen, liegen Mikrofone im gleichen Preissegment um Größenordnungen schlechter. Das Beispiel einer 20-Bit-Recordingkarte für den Computer für €199,- legt z.B. eine Linearität von umgerechnet etwas mehr als 16 Bit und einen Rauschabstand von immerhin noch gut 14 Bit offen. Damit wären eigentlich Aufnahmen in nahezu CD-Qualität möglich und auch ein im Musikhandel erhältliches Kleinmischpult in dieser Preislage, mit dem man die dafür nötigen Abmischungen vornehmen könnte, liegt in den Analogwerten ungefähr in dieser Größenordnung. Preislich dazu passende Mikrofone jedoch weisen bei dem typischen Nennschallpegel (94dB SPL) durchaus einen 10-50fach höheren Grundrauschanteil und auch deutlich schlechtere Linearitätswerte auf. Zu der genauern Interpretation des Rauschens und der Linearität bei diesen Mikros sollte dieser Artikel gelesen werden. Noch billigere Mikrofone (<100 €) rauschen und verzerren dann derart stark, daß sie sogar manchmal von den Werten billigster Computersoundkarten übertroffen werden. Hier sind schon sehr deutliche Klangverluste wahrnehmbar, während z.B. ein vom Radio direkt über die Soundkarte mitgeschnittenes Signal noch weitgehend echt klingt.

Allein damit ist schon eindeutig erkennbar, dass die bei allen Tonaufnahmen auftretenden, ungewollten Klangschwächen, überwiegend von den Mikrofonen herrühren!

System Typ Frequenzband

Rauschabstand

Verzerrung Preis CD-tauglich
Mikrofone Multimediamikrofon Conrad 150 Hz - 12 kHz 51 dB(A) 5% € 10,- --
Sprachmikrofon 100 Hz - 15 kHz 57 dB(A) 2% € 39,- --
Karaokemikrofon 75 Hz - 18 kHz 62 dB(A) ? % - 75 dBspl € 69,- -
MD-Mikro Sony 100 Hz - 15 kHz 66 dB(A) ? % - 80 dBspl € 89,- -
Recordingmikro Fame 50 Hz - 18 kHz 71 dB(A) 1% - 105 dBspl € 199,- -
Studiomikro Rode 25 Hz - 20 kHz 76 dB(A) 1% - 115 dBspl € 299,- (+)
Studiomikro AKG 20 Hz - 20 kHz 80 dB(A) 0,5% - 140 dBspl € 325,- +
Studiomikro Haun 15 Hz - 20 kHz 81 dB(A) 1% - 126 dBspl € 590,- +
Studiomikro Neumann 15 Hz - 25 kHz 84 dB(A) 1% - 140 dBspl € 795,- +
Studiomikro Gefell 10 Hz - 25 kHz 86 dB(A) 1% - 135 dBspl € 1100,- +
Studiomikro Schoeps 5 Hz - 25 kHz 85 dB(A) 1% - 135 dBspl € 1750,- +
Studiomikro DPA 10 Hz - 30 kHz 87 dB(A) 0,5% - 139 dBspl € 2700,- +
Mischpulte Kleinmixer Behringer 20 Hz - 20 kHz 90 dB(A) 92 dB THDN € 69,- -
Rackmixer Behringer 15 Hz - 20 kHz 95 dB(A) 100 dB THDN € 119,- (+)
Kleinmixer Yamaha 10 Hz - 25 kHz 100 dB(A) 105 dB THDN € 199,- +
Studiomischpult Alesis 5 Hz - 25 kHz 105 dB(A) 110 dB THDN € 499,- ++
Studiomischpult Mackie 5 Hz - 30 kHz 110 dB(A) 115 dB THDN € 699,- ++
Aufnahme on board sound - 16 Bit  25 Hz - 15 kHz 50 dB(A) 70 dB THDN € 5,- -
Soundkarte PCI - 16 Bit 25 Hz - 20 kHz 65 dB(A) 80 dB THDN € 25,- -
Soundkarte PCI - 24 Bit 20 Hz - 20 kHz 78 dB(A) 95 dB THDN € 69,- -
MD-Recorder Sony 20 Hz - 20 kHz 85 dB(A) 100 dB THDN € 249,- -
Recordingkarte SEKD - 20 Bit 20 Hz - 25 kHz 90 dB(A) 100 dB THDN € 199,- (+)
ext. Wandler M-Audio - 24 Bit 15 Hz - 25 kHz 100 dB(A) 110 dB THDN € 399,- +
DAT-Recorder TASCAM - 16 Bit 20 Hz - 25 kHz 95 dB(A) 105 dB THDN € 599,- +
Studiowandler MIND 10 Hz - 40 kHz 110 dB(A) 120 dB THDN € 699,- ++
Studiowandler RME 5 Hz - 50 kHz 115 dB(A) 130 dB THDN € 1099,- ++


In der Tabelle sind einige typische Vertreter der Systemkomponeten in preislich aufsteigender Reihenfolge dargestellt. Im Einzelnen sind der Frequenzbereich, der Rauschabstand sowie der Dynamikbereich angegeben und nicht ganz zufällig steigen die Gütewerte nach unten an. Gelbe Werte sind dabei in einem Bereich, der von der Qualität in etwa für den CD-Standard taugt, grüne Werte liegen besser, rote darunter! Es fällt z.B. auf, daß die Rauschwerte selbst guter Mikros die CD-Dynamik von 96dB nicht gänzlich auslasten. Also selbst dann, wenn vom Mikro ein gut ausgesteuertes Signal (innerhalb der Dynamikbereiches) erhält, kommt noch ein klein wenig Rauschen auf die CD. Wichtig ist also, ein möglichst rauscharmes mikrofon zu benutzen und dazu die weiteren Komponenten (Verstärker + Aufnahmesystem) so zu wählen, daß deren Gütewerte nochmals etwa 10dB besser liegen.

Die Parameter Rauschen und Linearität sind jedoch nur 2 von mehreren Werten, worin sich gute Mikrofone von schlechten unterscheiden. Auch, was den grundsätzlichen Frequenzgang und dessen Richtungsabhängigkeit, sowie die Dynamik (also den minimalen und maximalen Schallpegel) angeht, weisen mittel- und unterklassige Mikrofone oft große Schwächen auf. Vielfach sind preiswerte Mikrofone im Frequenzgang deutlich eingeschränkt, wodurch sie gar nicht das gesamte Audiospektrum übertragen und sich oft nur für einfachste Aufnahmen eignen. Die oft im Handel zitieren "Mikrofone für Sprache" sind genau genommen gar keine solchen, da deren reduziertes Übertragungsverhalten auf den ersten Blick zwar zum typischen Frequenzband der menschlichen Sprache passt- gerade aber die Aufnahme von Sprache besonders feinauflösende, gute Mikrofone erfordert. Hochwerte Mikrofone für die Aufnahme von Sprechern, sind daher keineswegs billiger- eher im Gegenteil!

Ein weiterer Punkt ist das dynamische Verhalten bei hohen und niedrigen Schallpegeln, also die Neigung, Signale zu verzerren: Etwaige Übersteuerungen und verschluckte, leise Signale sind nicht mehr zu korrigieren. So manches Mikrofon nimmt bei mittleren Pegeln durchaus sauber auf- entfernt man aber das Objekt (z.B. eine leise tickende Uhr) weiter vom Mikrofon, so hört sich das Ticken bei einsprechender Verstärkung auf die alte Lautstärke mitunter sehr verzerrt an und irgendwann versinkt es gar gänzlich im Rauschen. Dasselbe beobachtet man bei lauten Instrumenten, die man nahe an das Mikro bringt. Irgendwann werden die Verzerrungen unzulässig groß.

Gute Mikrofone nehmen über einen sehr großen Lautstärkebereich alle Signale weitgehend verzerrungsarm auf und mischen möglichst wenig eigenes Rauschen hinzu.

Naturgemäss decken aber selbst Spitzenmikrofone diese Pegelbereiche nicht alle gleichmäßig ab. So gibt es durchaus Mikrofone, die etwas empfindlicher und bei geringen Lautstärken verzerrungsärmer und damit präziser sind, dafür aber nur mittelmäßige Schallpegel verkraften, während ihre Pendants manchmal leise Signale etwas verschlucken, insgesamt auch nicht ganz so deutlich klingen, dafür aber auch sehr laute Geräusche noch vernünftig abbilden. So eignen sich allein dadurch manche Mikrofone eher für die Distanz und andere eher für die Nähe und auch was das Einsatzgebiet, z.B. Sprache, Gesang oder die Art des Instrumentes angeht, ergeben sich hier oftmals schon Präferenzen. Typische Beispiele sind Mikrofone für das (laute) Schlagzeug oder auch das Xylophon.

Einige Hersteller preisen in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich Mikrofone für besondere Einsatzgebiete an. Doch ist hierbei Vorsicht geboten: So entdeckt man neben den oben bereits erwähnten "Sprachmikrofonen" auch häufig sogenannte "Chormikrofone". Schaut man nun in den Daten wieder genauer nach, so findet man bei einigen Typen im Vergleich lediglich eine gewisse Bassschwäche, einen Mangel an Exaktheit in den Höhen oder sogar schlicht ein erhöhtes Rauschen vor. Diese Aspekte machen sich bei Chören naturgemäß zwar weniger bemerkbar, da diese laut singen, kaum Bass produzieren und eine große Deutlichkeit oft auch unerwünscht ist - letztlich wird aber nichts anderes getan, als ein vorhandenes Defizit der Mikros als für das deklarierte Einsatzgebiet als nicht nachteilig einzuschätzen. Wir halten das nicht für sonderlich glücklich! Auch für Chöre werden nämlich bei professionellen Aufnahmen selbstredend nur Mikrofone eingesetzt, welche das gesamte Audiospektrum adäquat übertragen!

Ein oftmals übersehener, jedoch ungemein wichtiger Aspekt ist die Art, wie die Frequenzen aus den verschiedenen Richtungen vom Mikro eingesammelt werden. Einige Mikrofone (Kugeln) sind z.B. in der Lage, Signale aus allen Richtungen sehr gleichförmig laut und auch mit nahezu demselben Frequenzgang aufzuzeichnen, was sie zur Aufnahme vollständiger Szenen prädestiniert, während andere (Nieren) nur aus der Hauptrichtung korrekt "sehen" und andere Signale von der Seite oder von hinten dämpfen und klanglich gewissermaßen abgrenzen, wodurch eine Art Spotwirkung erzielt wird. Gerade hier unterscheiden sich Mikrofone unterschiedlicher Hersteller trotz prinzipiell gleicher Richtcharakteristik nicht selten sehr stark voneinander. Diese für jedes Mikro typische Frequenzkonstellation kann später durch nichts mehr geändert werden, und diesbezüglich nehmen auch nachgeschaltete Verstärker oder Klangmanipulationen in Studiogeräten und Computern keinen differenzierten Einfluss mehr. Auch wenn also hier keine hörbaren Verzerrungen durch Übersteuerungen vorliegen, so wird der Betrachtung dieser Richtungsempfindlichkeit, sozusagen der "Raumempfindlichkeit des Mikrofons" mehr als deutlich, wie sehr klangbestimmend die Mikrofone für das Endergebnis sind:

Mit dem klanglichen Auflösungsvermögen und der Präzision eines guten Mikrofons, dessen Richtcharakteristik und Aufstellungsort sowie im Weitern der Kombination mehrer Mikrofone zu einem Gesamtsystem, wird der finale Klang zu 99% gemacht!

Und nur ausreichend mechanisch und elektrisch präzise gearbeitete Mikros sind hier in der Lage, den realen Schall wenigstens halbwegs echt aufzuzeichnen. Von der Verwendung billiger Multimediamikrofone mit dem Ziel der späteren Aufarbeitung im Computer ist gänzlich abzuraten. Einmal enthaltene Klangverfärbungen und Störungen bleiben immer enthalten und lassen sich auch nicht durch Software oder andere Tricks wieder entfernen. Ein wirkliches Aufwerten in nachgeschalteten Systemen ist aus prinzipiellen Gründen nicht möglich, lediglich bestimmte subjektiven Aspekte des Klangempfindens lassen sich im Nachhinein noch global beeinflussen. Einmal eingebrachte Rauschanteile und Verzerrungen jedoch können nicht mehr entfernt werden.

Generell gilt für den Kauf eines Mikrofons daher dasselbe, wie für die Anschaffung guter Lautsprecher: Die Hälfte der Investition sollte hier hinein fließen. Grob gerechnet kann man davon ausgehen, dass man für ein gutes Mikrofon im Heimbereich wenigstens 200-300 Euro ausgeben muss, um typisches Heimequipment sinnvoll auszulasten. Spitzenmikrofone werden zu einem nicht unerheblichen Anteil in Handarbeit gefertigt und dazu nur in eher geringen Stückzahlen verkauft. Entsprechend hoch ist der Preis. Für gehobene Ansprüche, wie der der CD-Produktion ist etwa das Doppelte zu veranschlagen.

Hinzu kommt, dass es mit einem Mikro allein nicht getan ist. Zumindest 2 identische sollte man besitzen, um einfache Stereoaufnahmen machen zu können. Aus Gründen der höheren Flexibilität sind dabei zwei einzelne Mikrofone in jedem Falle einem typischen Stereomikrofon vorzuziehen. Besonders die weitverbreiteten Minidisk-Mikrofone in MS-Technik (mid-side-Technik) sind für viele Aufnahmeszenen oft ungeeignet, da sie sich nur unzureichend an die Aufnahmeszene anpassen lassen. Hintergründe hierzu erfährt man unter dem Stichpunkt "Aufnahmebereich von Mikrofonsystemen" im Internet.

Welche Typen man dann jeweils konkret wählt, hängt vom Instrument, dem Einsatzgebiet und den räumlichen Gegebenheiten ab sowie der Frage, ob man ein einzelnes Instrument, ein Instrument mit Gesang oder eine ganze Gruppe aufnehmen will. Um für allemöglichen Fälle gerüstet zu sein, sind daher mehrere Arten von Mikrofonsystemen sowie weitere unterschiedliche Zusatzmikrofone nötig.

Daher ist es auch oft schwer, dem ambitionierten Musiker die Frage zu beantworten, welches Mikrofon denn für ihn das Beste ist! Es kann jeweils immer nur eine ungefähre Empfehlung für einen ganz bestimmten Fall ausgesprochen werden.

Ein Pianist könnte z.B. ein Stereosystem aus zwei selektierten Kleinmembranmikrofonen in Kugelcharakteristik nehmen- ein Gitarrist hingegen, fährt mit 2 Nierenmikrofonen besser. Damit kann er die Gitarre entweder in echtem Stereo, überlagertem Dual-Mono oder auch einzeln Gitarre+Gesang aufzeichnen. Rechnet man für die Mikros jeweils einen Preis von €300,- Euro, so kämen noch etwa €400,- Euro für das Aufnahmesystem und ein Kleinmischpult hinzu. Das wären insgesamt etwa €1000,- die einen weitgehend echten Klang produzieren. Sicher geht es auch für die Hälfte - bei entsprechenden Abstrichen.

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J.S. Mai 1998
bearbeitet Okt 2004

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