Technische Artikel
Was ist ein Tontechniker, Toningenieur oder Tonmeister?

Das Umfeld der Tonproduktion ist sehr vielfältig und vielgestaltig sind somit auch die Berufsgruppen, die sich in der Branche bewegen: Während Instrumentenbauer, Komponisten, Textdichter, Musiker und Dirigenten primär die Tonschaffenden darstellen, so sind es Aufnehmende, Abmischende und Produzierende, die man zum Kreise der sekundär Tonschaffenden zählen könnte. Dort kennt man Tontechniker, Tonmeister, Toningenieure, Audioingenieure, Diplomingenieure und viele mehr.

Dabei kommen einige Tonverantwortliche zunächst über den technischen- andere wiederum über den musikalischen Weg zur Tonproduktion und haben sich das jeweils andere Arbeitsgebiet durch praktische Tätigkeiten erschlossen und im Idealfall durch weitere theoretische Studien ergänzt. Ein typischer Werdegang ist das Absolvieren eines Musikstudiums an einer Musikhochschule und die zusätzliche Ausbildung an einer Tontechniker oder Tonmeisterschule. Umgekehrt sind es meist Ingenieure aus dem Studiengang Elektrotechnik, die zusätzliche oder nachträgliche Veranstaltungen in Musik und Medienwissenschaften belegen und dem Musiker sozusagen "von der anderen Seite her entgegen gehen". Dazu gibt es einige reine Ausbildungsstätten für Tontechnik, welche Musik und Technik direkt kombinieren und unterschiedliche Richtungen und Schwerpunkte anbieten.

Art und Umfang der Ausbildung unterscheiden sich dabei sehr stark voneinander. Eine fundierte theoretische Ausbildung legt den Grundstein für das tiefgreifendes Verständnis elektrischer und akustischer Zusammenhänge und ein Bestehen der geforderten Abschlussprüfung macht in jedem Falle eine Aussage über die Befähigung des Absolventen. Auf der anderen Seite muss auch festgestellt werden, dass vorhandene Theorie allein noch wenig über die Befähigung in der Praxis aussagen, wie Praktiker gerne (und durchaus zurecht) betonen.

Üblicherweise benötigt man zur Erlangung des für erfolgreiche Tonproduktion nötigen Fachwissens sowohl bezüglich des theoretischen- als auch des praktischen Teiles jeweils mehrere Jahre.

Berufsbezeichnungen

Was die einzelnen Berufsbezeichnungen angeht, ist das Szenario in der Öffentlichkeit leider etwas diffus und für den Laien nicht unbedingt sofort durchschaubar! Auch bei den Tonproduzierenden selbst besteht oft eine gewisse Uneinigkeit, wer welches Wissen hat, wie viel davon zum Produzieren braucht und sich daher wie nennen soll oder darf. In Anzeigen und Webseiten werben Tonproduzierende gerne mit der einen oder anderen Ausbildung. Vielfach hat es sich z.B. eingebürgert, dass einige Tonmänner, die bei der Musikproduktion durchaus kreative Fähigkeiten an Mischpulten aufweisen und sehr erfolgreich arbeiten, sich kurzerhand (tätigkeitsbeschreibend) als Toningenieur bezeichnen. In anderen Fällen heißt ein "Meister der Musik" mal eben schnell Tonmeister, weil er eine goldene Schallplatte bekommen hat oder auch, weil er in einem Theater für die Verkabelung zuständig ist, so wie ansonsten der Hausmeister.

Hier ist jedoch sowohl beim Tonmeister, als auch beim Ingenieur die Gefahr gegeben, dass man sich durch die unbewusste Verletzung gesetzlich geschützter Berufsbezeichnungen oder sogar eines akademischen Grades wie "Ingenieur" strafbar macht.

Egal um welche Ausbildung es sich handelt, die Berufsbezeichnung darf nur geführt werden, wenn ein entsprechender Abschluss auch vorliegt. Dabei gibt es unter ähnlichen klingenden Bezeichnungen und Abschlüssen wie z.B. dem dem Diplom durchaus einige Unterschiede in Art und Länge der Ausbildung. Bernhard Güttler schreibt dazu im Tonmeisterforum sinngemäß:

Der Begriff "Tonmeister" ist nicht geschützt, ergo darf sich jeder so nennen. Der Begriff sagt daher über die Ausbildung und Qualifikation nichts aus.

"Dipl.-Tonmeister" ist dagegen geschützt, so darf sich nur der nennen, wer ein Tonmeisterstudium z.B. in Detmold oder Berlin erfolgreich mit den Diplomprüfungen abgeschlossen hat. Vergleichbare Studiengänge gibt es dazu auch im Ausland, z.T. mit anderen Titeln.

"Ingenieur", darf sich (auch ohne den Zusatz "Diplom") in Deutschland nur der nennen, der auch einen derartigen akademischen Hochschulabschluss hat.

"engineer" darf sich wiederum jeder nennen. Der Begriff ist nicht geschützt.

Wenn jemand an der SAE den "audio engineer" in 9 Monaten gemacht hat, dann ist er wohl vergleichbar mit einem "Tontechniker" von der SRT (ebenfalls 9 Monate)



Je mehr Arbeit im Bereich der Tonaufnahme vollzogen wird, desto mehr kommt es auf fundierten Sachverstand bez. akustischer Zusammenhänge, wie Welleninterferenzen, Phasenbeziehungen und technische Grundlagen von Mikrofonen an. Diese erfordern ein hohes Maß an technischem Sachverstand und Analysevermögen und setzen ein mehr oder weniger ausgeprägtes Studium mit technischem Inhalt voraus. Dies betrifft im Weiteren auch elektrotechnische Zusammenhänge bei der Signalaufnahme und Verarbeitung, die sich dem Betrachter meist entziehen. Ferner ist die Kenntnis psychoakustischer Effekte und Randbedingungen des menschlichen Hörens sowie der technischen Tondarstellung / Wiedergabe erforderlich.

Wer darüber hinaus hauptberuflich mit der Produktion von Musik befasst ist, sollte die Grundzüge dieser Musikrichtung verstehen und kennen gelernt haben. Erfahrene Tonverantwortliche im Bereich Klassik kennen z.B. die Partituren des aufzunehmenden Werkes, sowie dessen spezifischer Problemstellen. Dazu enthält das Tonmeisterstudium z.B. die Vermittlung entsprechenden Wissens der Literatur und Grundkenntnisse in Kompositionstechnik.

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J.S. Juni 1997, Stand Nov 2006

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