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Mikrofone und Gesang |
Wenngleich die meisten Instrumente, was die dreidiensionale Klangausbreitung angeht, um einiges komplizierter abstrahlen, als die menschliche Stimme, so muss eine Gesangsstimme aufnahmetechnisch dennoch genauso betrachtet werden, wie ein Instrument. Dies gilt sowohl für den Toningenieur, der die Mikros stellen und vergeben muss, als auch für den Musiker, der sie benutzen möchte. Der Umgang mit dem Mikrofon bereitet Anfängern allerdings immer wieder Probleme, aber auch erfahrene Sänger wissen manchmal nicht um die vielfältigen Möglichkeiten, die sich beim Einsatz von Mikrofonen bieten. Daher ist in vielen Fällen eine Einweisung der Musiker nötig. Diese kann aber nur grundlegende Aspekte abdecken. Das Verhalten des Sängers während der Aufführung im Bezug auf eine aktive Klanggestaltung erfordert jedoch eine ausgeprägte übung. Für den sogenannten klassischen Gesang ist dies nicht so relevant, weil meist aus der Distanz mikrofoniert wird: Das Mikrofon nimmt sozusagen auf die Aufführungspraxis der Person Rücksicht. In den Bereichen Rock, Jazz und Pop wird der aktive Einsatz des Mikrofons jedoch bisweilen recht ausgiebig praktiziert. Im Detail geht es dabei darum, während des Singens mit einer geschickten Variation der Distanz und des Winkels des Mikros zum Mund, den letzlich erzielten Klang zu verrändern und auf diese Weise das Mikro sozusagen als Stilmittel einzusetzen. Auch können so Stimm- und Lautstärkeschwächen kompensiert werden. Bekanntlich haben Mikros je nach Einsprechrichtung und Abstand zum Mund eine andere Empfindlichkeit in Abhängigkeit der Frequenz. Viele Mikrofone besitzen nämlich eine ausgeprägte Richtungsempfindlichkeit, dh. sie nehmen von vorne lauter und vor allem deutlicher auf. Ein geringerer Abstand führt hier z.B. neben höherer Lautstärke rasch auch zu mehr Deutlichkeit, was genutzt werden kann, leise Gesangspassagen zu betonen. Bei besonders geringer Distanz kommt es zu einem bassbetonenden Naheffekt, der die Stimme in den Tiefen mit mehr Fülle versieht. Um dieses generelle Verhalten zu kompensieren, haben viele Bühnenmikrofone eine eingebaute Bassabsenkung, die das Mikrofon in der Distanz dünn klingen lässt. Ein absichtliches Vorbeisingen am Mikro wiederum kann z.B. zu spitz klingende Laute entschärfen, was sich für das Ausblenden von Explosiv und Zischlauten eignet. Um nun
dieses spezifische Aufnahmeverhalten optimal zu nutzen, muss man sowohl
die Grundprinzipien
und Funktion von Mikrofonen kennen auch das für die eigene Stimme
optimale Mikrofon finden. Während der Lernphase ist es wichtig, immer
dasselbe Mikro zu verwenden und bei Aufnahmen und Trainingssessions ist
immer das eigene Mikro mitzubringen. Letzteres empfiehlt sich auch
deshalb, weil fremde Mikrofone, in die direkt eingesprochen wird, mit
Bakterien und Keimem zugesetzt sind, wenn diese nicht regelmäßig
gereinigt werden und der Spuckschutz ausgetauscht wird. Sänger,
die zum ersten mal ihre eigene Stimme aus dem Lautsprecher hören, sind
überrascht über den teils dünnen und deutlich anderen Klang. Die Stimme
klingt meist subjektiv höher. Dies ist vollkommen normal und erklärt
sich dadurch, daß man sich selbst auch über die eigenen Schädelknochen
hört, was den Klang der eigenen Stimme verfremded. Wer unsicher ist, ob
das Mikro die Stimme sauber überträgt, sollte Folgendes tun: Einfach mal
einen der Musikerkollegen in das Mikro einsingen lassen und beim Abspielen
kontrollieren, inwieweit das Mikro den Klang tatsächlich verbiegt. Die
fremde Person sollte aus dem Lautsprecher so klingen, wie man sie im
Original hört. Wenn sich der Kollege dann real anhört, so ist das Mikro
ok. J.S. März
2004 |